Zweimal im Jahre wurde in Mudau gewöhnlich Zentgericht (Amtsgericht) gehalten, nach Ostern und nach Michaelis, Verordnung in eiligen Fällen auch außerhalb dieser Termine, wie eine des Kurfürsten bestimmte: „Es sollen alle Gericht auf die Werktag und keinen Feiertag, so nach Herkommen des Erzstifts Mainz auf der Kanzel gebannet, gehalten; wo aber dargegen gehandelt oder fürgenommen, das soll nichtig, kraftlos, unbedingt geacht und gehalten werden. Nachdem auch im Jahr die Gericht als zu der Ernt und Herbst gewöhnlich aufgeschlagen, soll daselbig nach Gelegenheit der Landart und Zufall der Ernt und Herbst beschehen. Aber in Sachen, so einen eilenden Austrag erfordern und aus welcher Verzug ein großer Schade erwachsen mag, als in Verkündigung eines neuen Baus, in Kummern und Aıresten, gegen Fremden fürgenommen und so einPartei Leibsnahrung begehrt und dergleiförmigen Händeln mag unangesehen Schnieds und Herbst auf einer Parteien ansuchen, wie sich in Recht gebührt, gehandelt werden“ . Zum Termin lud der Zentknecht alle ein, die damit zu tun hatten, die 14 Schöffen aus den einzelnen Zentorten, die Fürsprecher (Rechtsanwälte), die Zeugen, den Gerichtsschreiber, die Kläger und die Beklagten. Er eröffnete die Gerichtssitzung und rügte die Versäumnisse. Das Gericht wurde im Beisein der kurmainzischen Beamten von Amorbach nach altem, deutschem Brauch im Freien unter der Linde beim Rathaus abgehalten. Den Vorsitz führte der Zentgraf, in dessen Abwesenheit der älteste Schöffe. Die Gerichtspersonen und die Zeugen waren vereidigt. Hatte sich jemand gegen die Gesetzesvorschriften verfehlt, aber rechtzeitig dafür um Buße gebeten, so konnte ihm ein Teil der Zentgrafengelder erlassen werden. Im übrigen erfolgte die Bestrafung. Der Strafenschlüssel war im Jahre 1654 30 Schilling, im Jahre 1668 15 Albus (= etwa 30—40 Kreuzer); er wurde je nach dem Verbrechen vervielfacht. Die Hälfte der Zentbußen gehörte dem Kurfürsten und dem Kloster Amorbach. Gegen das Urteil konnte beim kurfürstlichen Hofgericht in Mainz Berufung eingelegt werden. Zu den Obliegenheiten des Zentgerichts zählten auch die heutigen Notariatsgeschäfte: Ausfertigung und Sieglung von Kaufbriefen, Ehepakten, Geburtsbriefen, Gemeindeschreiben, Urkunden u. a. Neben dem Zentgericht gab es in Mudau noch ein Landgericht, das aus dem Zentgrafen, dem Schultheißen von Mudau, je einem Schöffen aus Steinbach, Langenelz, Donebach, Schloßau und Scheidental und zwei Schöffen aus Mudau bestand, die vom Keller in Amorbach angenommen und bestätigt wurden. Es wurde von dem Zentgrafen gehegt und hatte mehr verwaltungstechnische Maßnahmen zu erledigen; seine Funktionen glichen denen des heutigen Bezirksamtes. Die Landgerichtsbußen gehörten halb Kurmainz, halb dem Kloster Amorbach. Auch ein Hochgericht (unser heutiges Landgericht) war in Mudau, welches die peinlichen Fälle zu besorgen hatte; hier wurden die Gefängnisstrafen verhängt, die im Mudauer Gefängnis oder Kerker abzubüßen waren, oder für todeswürdige Vergehen die Todesstrafe. Die Malefizperson wurde nach Bestätigung des Urteils durch das kurmainzische Hochgericht in Mainz im Beisein der Gerichtspersonen und einer schaulustigen Menge auf dem Gewann Galgen durch den Scharfrichter entweder gehängt oder gerädert. Die letzte Hinrichtung war in den 1760er Jahren. Aus dem Heimatbuch von Theodor Humpert
Sagen aus dem Mudauer Heimatbuch
Der Reiter ohne Kopf Im Wald auf dem Weg nach Bödigheim treibt in der Dämmerstunde ein Reiter ohne Kopf sein Unwesen. Er sitzt rückwärts auf einem wilden Rappen. Es ist der Satan mit seinem Gehilfen. Wer mit ihm in Berührung kommt, ist unrettbar verloren. Einmal hatte aber doch ein Mann das Herz, ihm nachzujagen. In Gottes heiligem Namen fasste er Mut und verfolgte den kopflosen Reiter. Nachdem er unter öfterem Beten ihn nach Mitternacht gefangen hatte, kam er wieder und hatte den Reiter auf einen Wagen gebunden, der von vier Rappen gezogen wurde. Als sie aber an dem Bildstock am Rumpfener Weg vorbeifuhren, donnerte und blitzte es, und im Nu war alles verschwunden. Der Mann erschrak heftig und fiel in Ohnmacht. (Der Bödigheimer Weg verläuft im Wald unterhalb des Galgens)
Vom Galgen Auf dem heutigen Gewann Galgen war früher die Richtstätte für die zum Tode verurteilten Schwerverbrecher. Wenn das Mudauer Zentgericht das Todesurteil gesprochen hatte, wurde der arme Sünder dort oben an den Galgen gehängt; das Volk schaute zu. Die Leichen blieben hängen, bis die Raben und Aasgeier das verwesende Fleisch bis zum Knochengerippe abgefressen hatten. Einmal haben sie einen Unschuldigen gehängt. Zur Strafe mußte der Richter, der den Stab über ihn gebrochen hatte, in der Allerseelenwoche in der dortigen Gegend umgehen und kann heute noch keine Ruhe finden.
Anmerkung: Der Mudauer Galgen befand sich ursprünglich etwa 100m weiter südlich vom jetzigen Platz auf dem höchsten Punkt der Erhebung. Im Jahre 1987 wurde er von der Gemeinde Mudau nach dem Vorbild des Beerfeldener Galgens wieder errichtet.